Glas 2022 - 8. Immenhäuser Glaspreis


Vorbemerkung

 

Wettbewerb zur zeitgenössischen Glaskunst in Deutschland

 

Die Jury hat entschieden, die Preisträger stehen fest.


Sichtlich schwer fiel es den Mitgliedern der Jury, bestehend aus GLAS_2022_Plakat
Karin Bille, Beratungsstelle Formgebung bei der Handwerkskammer Rheinland-Pfalz
Uwe Claassen, freier Kulturhistoriker aus Hamburg, 
Dr. Sven Hauschke, Direktor der Kunstsammlungen der Veste Coburg und des Europäischen Museums für Modernes Glas Coburg/Rödental
Karin Rühl, Museumsleiterin Glasmuseum Frauenau
Heikko Schulze-Höing, Glasgraveur
Dennoch konnte bei der Sitzung im Glasmuseum eine Entscheidung getroffen werden.

 

Votum der Jury zum 8. Immenhäuser Glaspreis

 

Die Mitglieder tagten am 8. August 2022 im Glasmuseum Immenhausen, um zu einer Entscheidung über die Vergabe der drei Preise zu gelangen.
Da der Jury keine Auswahlkriterien vorgegeben waren, verständigten sich die Jury-Mitglieder darauf, die Wettbewerbsbeiträge zunächst nach rein persönlichen Gesichtspunkten zu betrachten, bevor nach ihrem Aussagegehalt zur freien Kunst, nach Materialgerechtigkeit und nach Innovation begutachtet wird. 

 


Preise

 

1. Preis
gestiftet von der Stadtsparkasse Grebenstein
Samuel Weisenborn
„Destruction I und II“, 2021

 

Mit dem 1. Preis werden die beiden Wettbewerbsbeiträge von Samuel Weisenborn ausgezeichnet. Der 1978 geborene und in Hadamar und Halle ausgebildete Künstler liefert aus handwerklicher und künstlerischer Sicht hochwertige Arbeiten ab.1. Preis Samuel Weisenborn _ Destruction
Die beiden Gefäßobjekte „Destruction I und II“ bestehen aus frei geformtem, farblosem Kristallglas mit jeweils unterschiedlich farbigem Unterfang. Die dickwandigen Gefäße wurden bildhauerisch bearbeitet. Material wurde durch Schleifen tiefgreifend abgetragen, die Ober-flächen wieder aufpoliert. Einzelne Elemente ragen wie Inseln asymmetrisch weit aus dem bearbeiteten Gefäßkörper heraus. Es sind Überreste der ursprünglichen Wandstärke, die durch unterschiedliche Strukturen, Facettschliffe, Kugelungen oder glatte Polituren einen jeweils eigenen Charakter erhalten. Getragen werden sie von einem kraftvollen, dynamischen Körper. Die Farbigkeit des Unterfangs bricht sich in den Facetten und Schraffuren der Oberflächenstruktur, so dass ein Leuchten entsteht, dessen Präsenz sich beim Umschreiten der Arbeiten ständig verändert. Ist es überinterpretiert, hier ein Sinnbild für unsere heutige Gesellschaft zu sehen? Gemeinschaftliche Bindungen scheinen zerstört, zu individuellen Positionen erodiert zu sein – und doch verbindet sie untergründig immer noch eine kraftvolle, gemeinsame Basis. Mit großer Entschlossenheit hat Samuel Weisenborn ein skulpturales Programm entwickelt, das durch seine schlüssige formale Gestaltung, die perfekte Ausführung und eine enorme Assoziationskraft herausragt.

 


 

2. Preis
gestiftet von Art Regio, dem Kunstförderprogramm der SparkassenVersicherung
Marina Aletsee
„Die letzte Patrone“, 2022

 

Die 1994 in Füssen geboren Marina Aletsee bekommt für ihre Skulptur „Die letzte Patrone“ aus 2. Preis Marina Aletsee _ Die letzte Patroneformgeschmolzenem und geschliffenem Glas den zweiten Preis der Jury zugesprochen. Der kompakten, ganz auf die Silhouette einer Patrone reduzierten Form steht ein indifferentes, je nach Lichteinfall changierendes, Blut symbolisierendes Innenleben gegenüber. Das Innenleben bleibt letztlich aufgrund der geschliffenen Oberfläche opak und rätselhaft. Die Arbeit thematisiert als politisches Statement nicht nur die heutige Black Lives Matter-Bewegung, sondern auch generell Gewalt gegen Minderheiten. Sie besticht durch die konsequente Verbindung von Form und Inhalt. Diese Fokussierung, die ohne Pathos auskommt, hat die Jury überzeugt. Die Skulptur steht für eine zeitkritische Auseinandersetzung der jungen Generation mit gesellschaftspolitischen Themen.


 

3. Preis
gestiftet vom Magistrat der Stadt Immenhausen
Alexandra Geyermann
„Fenster 2 zu einer verschwundenen Welt“, 2021

 

Den dritten Preis vergibt die Jury an die 1969 geborene Alexandra Geyermann aus Zwiesel und damit prämiert sie nicht nur das zum Wettbewerb eingereichte Objekt, sondern auch die langjährige Präsenz der Künstlerin als Graveurin.3. Preis Alexandra Geyermann _ Fenster zu einer vergessenen Welt
Ihre Gravuren sind ein Zeugnis professioneller Qualität und darüber hinaus ein Kaleidoskop von ganz besonderer ikonografischer Finesse und Sensibilität. Ihre Themen kreisen häufig um historische Frauenfiguren, die nicht im öffentlichen Bewusstsein verankert sind. 
In der prämierten Arbeit „Fenster zu einer verschwundenen Welt“ wird eine ovale Glas-scheibe in einem schlichten Biedermeierrahmen aus Holz gefasst. Die Gravuren beziehen sich auf die tragische Liebe der Margaret Fountaine und ihre Suche nach einem seltenen Schmetterling. Diese Arbeit zeigt die souveräne technische Beherrschung der Gravurtechnik und wird zu einer perfekten Symbiose aus Botschaft und Bild - beseelt und detailreich im Narrativen. Alexandra Geyermann hat einen eigenen unverkennbaren Stil entwickelt und vermag es auf das Vortrefflichste, literarische Kleinode in Glas zu bannen.

 


Publikumspreis

 

Der Publikumspreis ging mit einer deutlichen Mehrheit der Stimmen der Besucher an das Objekt „Gedankengeflecht“ von Sina Mendler.

 

Publikumspreis Sina Mendler - Gedankengeflecht

 


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