Unser Flügel im Glasmuseum
Da steht er nun vor der Gießformenwand im Glasmuseum und wartet darauf, dass jemand ihn bespielt; der Flügel mit seiner doch sehr eigenwilligen Farbe. Vielen Künstlern huscht zuerst einmal ein Lächeln übers Gesicht, manche zucken auch merklich zusammen, wenn sie dann vor unserer pinken Lady stehen. Aber alles hat ja eine Geschichte und die möchte ich hier erzählen.
Der Flügel wurde bei der Firma Carl Mand in Koblenz hergestellt. Er trägt die Seriennummer 12754. Laut des Buches “Das Klavierlexikon” von Jens-Uwe Witter, ist er demnach in den Jahre 1882–1890 hergestellt worden. Wer dieses edle Teil damals gekauft und besessen hatte, ist nicht nachzuvollziehen.
Irgendwann gehörte der Flügel zu einem gekauften Inventarpaket in Dörnberg und war sehr heruntergekommen. Unter anderem wies er zwei Axteinschläge auf, aus denen man schließen könnte, dass jemand ihn zu Kleinholz verarbeiten wollte. Vielleicht wurde aber auch in den Räumlichkeiten, in denen er stand, randaliert. Dass er noch vor 1900 erbaut wurde, erklärt sich aus der Tatsache, dass er eine Erard-Mechanik besaß, die ab 1900 nicht mehr verwendet wurde. Seiner Größe nach, muss er in einem Salon gestanden haben.
André Rittner, der damals für seine neu gegründete Veranstaltungsreihe „Glas & Klassik“ unbedingt ein Klavier oder einen Flügel brauchte, fand zwei Gönner aus Immenhausen, die den Flügel bei der Firma Roland Heinz, Klavier- und Cembalobau in Espenau, restaurieren ließen. Dabei entstand auch die Idee, den Flügel in den Farben des Sponsors streichen zu lassen.
Carl Mand, der geniale Klavierbauer, erlernte die Fähigkeiten des Klavierbaus in Wien. Aus politischen Gründen erlangte Carl Mand nie die Größe vergleichbarer Unternehmen wie Bechstein oder Steinway, wohl aber einen exzellenten Ruf. Dies beweisen 17 Hoflieferantentitel, 33 international erworbene erste Preise und Auszeichnungen sowie Anerkennung und Bewunderung von Künstlern wie: Clara Schumann, Johannes Brahms, Franz Liszt, Richard Wagner, etc.
Die meisten noch erhaltenen Instrumente von Carl Mand befinden sich heute in Privatbesitz. Eine Sammlung unterhält das Landesmuseum Koblenz in der Festung Ehrenbreitstein. Nach einigen Übernahmen der Firma wurde die Produktion 1928 eingestellt.
Ich stelle mir jetzt vor, dass auf unserem Flügel Clara Schumann gespielt hat, dass ihr Publikum sie gefeiert hat und unser Flügel sehr stolz war. Ich finde, wie er heute da steht, kann er das auch jetzt noch sein.
Hier ein Foto, wie unser Flügel aussah, als er restauriert wurde. Ich werde oft nach Konzerten angesprochen, ob denn unser Flügel den Ansprüchen unserer Konzerte genüge. Hier ein Klares „ja“. Bei der Restaurierung wurde auf historische Wiederherstellung großen Wert gelegt. Daher klingt dieser Flügel, wie er in den Jahren des ausgehenden 19. Jahrhunderts geklungen hat. In dieser Zeit spielten Clara Schumann, Franz Liszt und Johannes Brahms auf Flügeln der Firma Carl Mand. Das betrachte ich als eine große Auszeichnung für unseren Flügel.
Bei der Recherche in alten Unterlagen stieß ich auf einen Artikel aus der HNA vom Freitag, dem 23. Januar 2004. Hier wurde der restaurierte Flügel zum ersten Mal benutzt. Als erster spielte Jürgen Oswald bei der Veranstaltung „Bissiges und romantisches über Mann und Frau“. Der Schreiber des Artikels nennt unseren Flügel liebevoll „Lady in Pink“.
Quellen:
- Wikipedia.
- Firma Rothe Piano in Lautertal, die uns auch das Foto der Anzeige zur Verfügung stellte.
- Roland Heinz in Espenau, gab wichtige Informationen zum Zustand des Flügels und stellte das Bild der Restaurierung zur Verfügung.
- HNA vom 23. Januar 2004.
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